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Kulturelle Bildung in Rheinland-Pfalz

Durch eine Konstruktion aus miteinander verhakten Schulstühlen scheint das UV-Licht einer Leuchtstoffröhre: ein abstraktes Kunstwerk aus verschiedenen Materialien, das die ursprüngliche Funktion seiner Einzelteile nur noch erahnen lässt. Die Plastik ist Teil eines Kunstwerks, das von Schüler:innen der Kanonikus-Kir-Realschule plus in Mainz für die Kunstausstellung „Super+“ an ihrer Schule präsentiert wurde. Die Schüler:innen erarbeiteten das Ausstellungskonzept, planten und organisierten die Ausstellung. Zu sehen waren neben eigenen Kunstprojekten auch Arbeiten von Studierenden der Kunsthochschule Mainz. Diese Kooperation hat nicht nur das Ausstellungsprojekt hervorgebracht, sondern auch das „KKR-Labor“ für kreative Unterrichtspraxis: In Zusammenarbeit mit Künstler:innen sowie Studierenden der Kunstdidaktik wurde hier der Einsatz kreativ-künstlerischer Methoden im Schulunterricht erforscht und erfolgreich erprobt.

Gute Schulen durch eine lebendige und vielfältige Schulkultur

Entwickeln konnten sich die ästhetischen Lernzugänge an der Mainzer Realschule vor dem Hintergrund künstlerisch-edukativer Maßnahmen – insbesondere durch die Teilnahme am Programm „Generation K“, ein gemeinsames Projekt der Ministerien für Bildung sowie für Familie, Frauen, Kultur und Integration und gefördert von der Stiftung Mercator im Rahmen des Programms „Kreativpotentiale“.

Dieses sowie weitere Förder- und Modellprojekte in Rheinland-Pfalz und auch die Verankerung kultureller Bildung in der schulischen Qualitätsentwicklung tragen dazu bei, dass die kulturelle Bildung eine feste Größe in der rheinland-pfälzischen Bildungslandschaft geworden ist. Im Orientierungsrahmen Schulqualität etwa wird eine lebendige und vielfältige Schulkultur als ein wesentliches Qualitätsmerkmal für schulische und unterrichtliche Prozesse hervorgehoben. Über das fachliche und überfachliche Lernen im Unterricht hinaus ist die aktive Gestaltung des Schullebens als Teil des Bildungs- und Erziehungsauftrags der Schulen definiert – zum Beispiel durch die Öffnung für die Zusammenarbeit mit außerschulischen Kooperationspartner:innen sowie durch die Förderung individueller Neigungen und Interessen der Schüler:nnen im Unterricht und im Rahmen der Ganztagsschule. Dass diese Rahmensetzung Erfolg hat und sich der Unterricht mehr und mehr für Kunst und Kultur öffnet, zeigt die Entwicklung eines Lehrplans für das Wahlpflichtfach Kultur an Gymnasien für die Klassenstufen 8 und 9 durch das Ministerium für Bildung Rheinland-Pfalz.

Erzieher:innen und Lehrkräfte fit machen für das Eröffnen kultureller Lernzugänge

Neben der Entwicklung kultureller Bildung in Schulen legt das Land auch einen Fokus auf den Elementarbereich. Künstlerische Ausdrucksformen sind als eigenständiger Bildungsbereich Bestandteil der Bildungs- und Erziehungsempfehlungen für rheinland-pfälzische Kindertageseinrichtungen. Diese umfassen gestalterisch-kreative und musikalische Formen sowie Theater, Mimik und Tanz. Kulturelle Bildung wird somit von Beginn an als Qualitätsmerkmal von Bildungsarbeit mitgedacht.

Unterstützung erhalten Erzieher:innen und Lehrer:innen dabei durch das Pädagogische Landesinstitut und weitere Landeseinrichtungen in Form von Fort- und Weiterbildungen. Das Programm „Muki - Musik für Kinder in der Grundschule und Kindertagesstätte“ etwa befähigt Erzieher:innen zum Singen und Musizieren mit den Kleinsten. Für Lehrer:innen besteht darüber hinaus ein Fortbildungsangebot für die Fächer Bildende Kunst, Musik und Darstellendes Spiel.

Langjährige Förderung von Kultureinrichtungen und Künstler:innen

Auch im Bereich der außerschulischen kulturellen Bildung kann Rheinland-Pfalz auf ein langjähriges Engagement zurückblicken. Seit 2008 besteht das Programm zur Förderung von Jugendkunstschulen Rheinland-Pfalz. In diesen werden Projekte im künstlerisch-gestaltenden Bereich angeboten, vor allem in den Sparten Bildende Kunst und Moderne Medien. Mittlerweile beläuft sich ihre Zahl landesweit auf knapp 30 – nicht nur in Städten, sondern auch in ländlichen Räumen.

Um generell die Anzahl und Qualität an kulturellen Angeboten für junge Menschen zu erhöhen, stellt das Land erhebliche Mittel im Rahmen des Programms „Jedem Kind seine Kunst“ (JeKiKu) bereit. Gefördert werden Kooperationen von Kulturschaffenden beispielsweise mit Schulen, Kitas und Jugendzentren für kulturelle Bildungsprojekte mit Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Mit jährlich fast 400 realisierten Projekten entsteht nicht nur Sichtbarkeit für gelungene kulturelle Bildung, sondern auch für die beteiligten Künstler:innen: In einer Datenbank stellen diese sich selbst und ihre Projektideen vor.

Kulturelle Unterrichtsentwicklung mit Künstler:innen

Ein Katalysator für kulturelle Angebote an Schulen ist das bereits genannte Landesprogramm „Generation K“. Ziel des Projekts ist die Förderung der kulturellen Schulentwicklung und der Kooperation von Bildungs- und Kulturszene. In dem Programm werden besonders Kinder und Jugendliche berücksichtigt, die mit Kunst und Kultur bislang kaum in Berührung gekommen sind. So arbeiten die Schulen gemeinsam mit Künstler:innen an einem Kulturprofil. Zum Einsatz kommen dabei auch künstlerische Methoden wie der in Kanada entwickelte Ansatz „Learning through the arts“, bei dem Lehrkraft und Künstler:in ein Tandem bilden und den Unterricht gemeinsam gestalten. Hervorgegangen ist aus dem Programm, das 2022 zum Ende gekommen ist, ein umfassendes Qualifizierungs- und Fortbildungsprogramm, zusammengefasst in einem Katalog. Das Programm können Interessierte aus dem schulischen wie kulturellen Kontext weiterhin für sich nutzen.

Mit dem Programmstart von „Generation K“, das in Zusammenarbeit mit dem Kulturbüro Rheinland-Pfalz der LAG Soziokultur & Kulturpädagogik realisiert wurde, hat zudem die landesweit tätige Servicestelle Kulturelle Bildung ihre Arbeit aufgenommen. Sie betreut engmaschig die am Projekt mitwirkenden Künstler:innen. Daneben begleitet sie landesweit Kulturschaffende und weitere Akteur:innen der kulturellen Bildung und vernetzt sie mit potenziellen Partner:innen, initiiert und begleitet kulturelle Bildungsprojekte, berät Interessierte in Bezug auf Finanzierungs- und Beteiligungsmöglichkeiten und informiert über aktuelle Entwicklungen und Veranstaltungen im Bereich der kulturellen Bildung.

Verschiedene Kultursparten im Zentrum

Die Förderung der kulturellen Bildungsarbeit zeigt sich aber auch in verschiedenen Maßnahmen, die gezielt bestimmte Sparten in den Blick nehmen und hier individuelle Interessen fördern.

Ein Beispiel ist das jährlich stattfindende „Landesschultheatertreffen Rheinland-Pfalz“, das sich an Schultheatergruppen aller Schularten und Klassenstufen des Landes richtet. Die durch eine Jury des Landesverbands Theater in Schulen Rheinland-Pfalz e. V. nominierten Schultheatergruppen kommen an einem Austragungsstandort zusammen, wo sie ihre Bühnenstücke aufführen, gemeinsam reflektieren und angeleitete Ateliers besuchen. Für die eingeladenen Schülergruppen sind Unterkunft, Verpflegung und alle Veranstaltungen des Festivals kostenfrei.

Beispielhaft zu nennen ist auch der umfassende Bereich der Leseförderung. Bereits 2002 wurde in Rheinland-Pfalz die Kampagne „Leselust in Rheinland-Pfalz“ gestartet, die die Aktivitäten des Landes für Leseförderung bündelt und fördert. Mit ihr wird an den unterschiedlichsten Orten und auf zielgruppenspezifische Weise Leselust geweckt und gestärkt. Die nach wie vor positive Resonanz zeigt, dass dies gelungen ist. Beispiele hierfür sind etwa der „Lesesommer Rheinland-Pfalz“, an dem sich landesweit jedes Jahr knapp 200 Bibliotheken beteiligen, ebenso wie das vom Kulturministerium geförderte Programm „Goldene Leslie“, bei der eine Jugendjury den gleichnamigen Jugendbuchpreis für ein in deutscher Sprache verfasstes, belletristisches Jugendbuch vergibt, das im Jahr zuvor zum ersten Mal veröffentlicht wurde.

Diese und viele weitere Programme, für die das Bildungsministerium und das Ministerium für Familie, Frauen, Kultur und Integration des Landes entsprechende Fördermittel bereitstellen, sind es, die in Rheinland-Pfalz eine breite Angebotspalette haben wachsen lassen, die Kindern und Jugendlichen im Land vielfältige Zugänge zu kulturellen Projekten und ästhetischer Bildung ermöglichen und dabei unterschiedliche Altersgruppen und Bildungswege berücksichtigen.

Porträt Renate Ziegler
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