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Im Saarland wird kulturelle Bildung kooperativ gedacht und umgesetzt.

Kulturelle Bildung im Saarland

Um Teilhabe und Selbstwirksamkeit von Kindern und Jugendlichen bestmöglich zu fördern, werden im Saarland Kulturangebote gebündelt und für möglichst viele Schüler:innen zugänglich gemacht. Ermöglicht wird dies durch kooperative Strukturen der Bildungsverwaltung sowie die Vernetzung von Kultureinrichtungen und Künstler:innen mit Schulen.

Das Saarland ist das kleinste Flächenland Deutschlands und hat – trotz hoher Siedlungs- und Verkehrsdichte im Dreiländereck Saarland, Lothringen und Luxemburg – viel Natur zu bieten. Rund ein Drittel der Fläche ist von Laubwäldern bedeckt, was das Saarland zu einem der grünsten Bundesländer macht. Einen von vielen Zugängen zur Erkundung dieser naturnahen Umgebung schafft das „ABC-Spiel“ – eine schulische Unterrichtsaktivität für unterschiedliche Klassenstufen mit Verbindung zu den Fächern Biologie, Deutsch, Fremdsprachen und Sport. Die Schüler:innen teilen sich in zwei Gruppen und finden zu jedem Buchstaben im Alphabet ein Objekt in ihrer Umgebung. Ob im Wald oder im Park – Hauptsache, draußen in der Natur. Die gesammelten Objekte werden zunächst gemeinsam begutachtet und bestimmt und dann nach ästhetischen Kriterien angeordnet. Verschiedene künstlerische Vorbilder dienen hierbei als Anregung, etwa „Land Art“, bei der mit Materialien aus der Natur ein vergängliches Kunstwerk in der Landschaft gestaltet wird. Die Schüler:innen gewinnen auf diese Weise einen neuen, ästhetischen Blick auf ihre Umgebung und machen die Erfahrung, diese aktiv gestalten zu können.

Als Teil des Themenfeldes „Draußenpädagogik“ ist das „ABC-Spiel“ eine von vielen Unterrichtsideen, die über den Onlineauftritt des Landesinstituts für Pädagogik und Medien im Saarland zugänglich sind und Anregungen für neue Lehr- und Lernzugänge bieten. In der Initiative „Draußenpädagogik“ kooperieren die Grundsatzhemen Kulturelle Bildung und Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) unmittelbar miteinander. So gibt es auch eine Vernetzung mit der saarländischen Schulgartenkoordination. Das Besondere an den Unterrichtskonzepten ist die Verknüpfung schulischen Lernstoffs mit Methoden der kulturellen Bildung. Die vielfältigen Unterrichtsmodule sind darüber hinaus verschiedenen weiteren Themenbereichen wie zum Beispiel „Ressource Boden“ oder „Industriekultur“ zugeordnet. Dabei setzen sich die Kinder und Jugendlichen mit ästhetischen Aspekten des industriellen Wandels oder mit Alltag und Brauchtum von Bergleuten auseinander.

Kooperativ für eine bessere kulturelle Bildung

Dieser breit gefächerte Einsatz künstlerischer Zugangsweisen in den Schulen steht für einen Ansatz, der sich auf vielen Ebenen im Saarland wiederfindet. So unterstützt eine Reihe von Landeseinrichtungen und -institutionen die Bündelung und Vermittlung von Kunst- und Kulturangeboten. Auch in der Verwaltungsstruktur bildet sich diese Herangehensweise ab und ermöglicht, dass kulturelle Bildung im Saarland kooperativ und kollaborativ gedacht und umgesetzt werden kann.

So wurde kulturelle Bildung als Grundsatzangelegenheit in der Kulturabteilung des Ministeriums für Bildung und Kultur verortet. Im Landesinstitut für Pädagogik und Medien ist kulturelle Bildung ein Grundsatzthema und steht damit gleichberechtigt neben Themen wie Inklusion, Bildung für nachhaltige Entwicklung oder Demokratiepädagogik. Diese „Nachbarschaft“ ermöglicht zum einen gemeinsame Fortbildungen, aber auch das Wirksamwerden kultureller Bildung als Querschnittsthema im Rahmen der übergreifenden Entwicklung von Unterrichtsmaterialien. Innerhalb dieser Rahmenstrukturen können sich vielfältige Programme und Initiativen entfalten und dafür sorgen, dass sich kulturelle Bildung nachhaltig in der Bildungslandschaft etabliert.

Durch Teilhabe zur Selbstwirksamkeit und Persönlichkeitsentwicklung

Teil des Bildungsansatzes im Saarland ist die Überzeugung, dass durch die Auseinandersetzung mit Kunst und Kultur junge Menschen in ihrer Identität und Persönlichkeitsentwicklung gestärkt werden. Kulturelle Bildung wird im Saarland als unverzichtbarer Teil von Allgemeinbildung verstanden und umgesetzt. Dies zeigt sich beispielhaft in der Ausgestaltung des Landesprogramms „KULTURleben!“. Als Teil des bundesweiten Programms „Kreativpotentiale“ fördert es die Entwicklung innovativer Unterrichtsmaterialien und die Etablierung von „Kulturfahrplänen“ in den Schulen des Saarlands. Ziel ist, dass die Umsetzung kultureller Bildungsansätze über das Engagement einzelner Lehrer:innen hinaus dauerhaft im Schulprofil verankert wird.

Kulturelle Bildung schafft wesentliche Voraussetzungen für eine aktive Teilnahme am kulturellen Leben einer Gesellschaft und für die Auseinandersetzung mit der ganzen Vielfalt künstlerischer Ausdrucksmittel. Gerade für Schüler:innen, die aufgrund ihrer sozialen Herkunft wenig Zugang zu kulturellen Angeboten haben, ist die Teilnahme an Programmen wie „KULTURleben!“ besonders beflügelnd. Wie etwa eine bessere gesellschaftliche und kulturelle Teilhabe gelingen kann, zeigt das Projekt „PRMTHS 2020“, in dessen Namen die mythologische Figur des „Vorausdenkers“ Prometheus steckt. Im Beethovenjahr 2020 kamen die Schüler:innen verschiedener saarländischer Schulen zusammen, studierten ein Tanztheaterstück ein und standen am Ende gemeinsam auf der Bühne des Staatstheaters Saarbrücken. Für einige der Schüler:innen ermöglichte das Projekt zum ersten Mal Kontakt mit der Welt des Theaters – verbunden mit einem großen Schub für ihr Selbstbewusstsein, wie eine Lehrerin der Teilnehmer:innen hervorhebt: „Die Kinder haben sich grandios verändert, (…) da lohnt sich wirklich die ganze Arbeit“.

Ein offener Kulturbegriff für ein vielfältiges Kulturangebot an den Schulen

Ein offener Kulturbegriff ist charakteristisch für das Programm „KULTURleben!“. Um den Schüler:innen die Vielfalt kultureller Ausdrucksformen und Themen zugänglich zu machen, hat im Rahmen der Projekte das Werk Beethovens ebenso seinen Wert wie die Industriekultur. Die vielfältige Kulturlandschaft des Saarlands ist genauso Themenlieferant wie die Interessen der Schüler:innen. Diese offene Haltung prägte das Programm von Beginn an: Der erste Schritt zur Entwicklung eines „Kulturfahrplans“ an den Schulen war das Zusammenkommen von Lehrer:innen, Schulleitung, Kulturvertreter:innen und Schüler:innen, um über den zukünftigen Kulturschwerpunkt der jeweiligen Schule zu beraten. Die gleichberechtigte Teilnahme der Schüler:innen an diesem „Runden Tisch“ hat wesentlich dazu beigetragen, dass sich kulturelle Angebote an den Schulen als kooperative Gestaltungsaufgabe und als selbstverständlicher Teil des Schulalltags etablieren konnten.

Kooperativ wird auch im Programm „Kreative Praxis“ vorgegangen, das seit 2016 von der saarländischen Landesregierung gemeinsam mit der Landesakademie für musisch-kulturelle Bildung umgesetzt wird. Im Rahmen des Förderprojekts wird die Zusammenarbeit von Schulen mit Kulturpartner:innen finanziell mit Honorarmitteln unterstützt. Um die Projekte niederschwellig und praxisgerecht in die individuellen Schulstrukturen zu integrieren, können die Angebote klassenübergreifend als AG oder im Unterricht stattfinden, im Verlaufe eines Schuljahres oder gebündelt in Form einer Projektwoche. Darüber hinaus gibt es Angebote verschiedener zentraler Kulturinstitutionen, darunter das Saarländische Staatstheater, die Stiftung Saarländischer Kulturbesitz und das Historische Museum Saar. Eine komplette Übersicht bietet die Broschüre „Wir leben Kultur“.

Wichtige Netzwerker:innen für die Qualitätsentwicklung

Ein Meilenstein für die Entwicklung der kulturellen Bildung im Saarland war die Gründung des Theaterpädagogischen Zentrums Saar (TPZ). Es verbindet die professionellen Theater im Land mit der Beratungsstelle Schultheater und bietet damit eine zentrale Unterstützung für den Zugang von Schüler:innnen zu den darstellenden Künsten. So berät das Theaterpädagogische Zentrum Schulen individuell bei der Entwicklung von Schultheaterinszenierungen und ist daran beteiligt, Lehrkäfte für das Fach Darstellendes Spiel auszubilden. Gemeinsam mit dem Landesinstitut für Pädagogik und Medien im Saarland führt es zudem Fortbildungen für Pädagog:innen durch, die ihren Fachunterricht mit theaterpädagogischen Methoden bereichern wollen.

Eine weitere wichtige Fortbildungspartnerin ist die Landesakademie für musisch-kulturelle Bildung. Als zentrale Einrichtung zur Aus-, Fort- und Weiterbildung und als Begegnungsstätte richtet sie sich gleichermaßen an Amateur:innen und Profis. Die Landesakademie ist Kommunikationszentrum für alle Kulturakteur:innen im Land und unterstützt die Anbahnung neuer Schulkooperationen. Neben der Realisierung eigener Projekte ist die Akademie auch eng verbunden mit dem Ministerium für Bildung und Kultur, der Hochschule für Musik, der Universität des Saarlandes, dem Landesinstitut für Pädagogik und Medien, Schulen aus den Bereichen der allgemeinbildenden, weiterführenden und Berufsschulen sowie weiteren Akteur:innen im Land.

Neben der Hochschule für Musik Saar, die die Qualitätsentwicklung in der musikalischen Vermittlung vorantreibt, tragen auch die weiteren künstlerischen Hochschulen des Landes ihre Expertise zur Qualitätsentwicklung der kulturellen Bildung und zu ihrer Etablierung als Querschnittsthema bei. So wurde etwa ein Runder Tisch zum Thema „Nachhaltigkeit und Ästhetik“ mit Vertreter:innen des Landesinstituts für Pädagogik und Medien, der Hochschule der Bildenden Künste Saar sowie Künstler:innen initiiert.

Grenzüberschreitende Kooperationen im Dreiländereck

Aufgrund der geografischen Lage und der Geschichte des Landes gibt es mehrere Festivals und Projekte, die sich dem deutsch-französischen Kulturaustausch widmen. Die Stiftung für deutsch-französische kulturelle Zusammenarbeit, in deren Trägerschaft sich das Festival „Perspectives“ (bilinguales Theater) befindet, leistet dazu einen wichtigen Beitrag.

Auch jüngere Kinder ab drei Jahren bekommen die Möglichkeit, am Kulturaustausch teilzuhaben. Das Festival „Loostik“ zeigt Theaterstücke aus der freien Szene in französischer und deutscher Sprache. Die jungen Zuschauer:innen kommen so in Kontakt mit aktueller Bühnenkunst aus der freien Szene, lernen ihnen oftmals unbekannte Ästhetiken kennen und können sich mit den verschiedenen Theaterdisziplinen in allen ihren Facetten vertraut machen. Eine Verknüpfung zwischen Kulturorten und Kreativansätzen im Bereich der Digitalisierung im deutsch-französischen Kontext bietet auch das Projekt Micro-Folie.

Noch weitere Kreise zieht das Festival „Créajeunes“ mit seiner Förderung junger Filmemacher:innen. Der grenzüberschreitende Filmwettbewerb zeichnet Videos junger Amateur:innen unterschiedlichen Alters aus den fünf Regionen Saarland, Lothringen, Luxemburg, Rheinland-Pfalz und Wallonien aus.

Kulturelle Traditionen und historisch gewachsene Partnerschaften bereichern so das Kulturangebot für saarländische Kinder und Jugendliche. Die vielfältige Kulturszene, die Schulen und die Kultureinrichtungen des Landes setzen Ressourcen kooperativ ein, um gesellschaftliche Teilhabe durch Kunst und Kultur zu ermöglichen.

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